Bei Geschwindigkeitsüberprüfungen des ADAC Hansa vor Hamburger Schulen wurden Geschwindigkeiten von bis zu 110 km/h gemessen.
Im Jahr 2015 sind 741 Kinder auf Hamburgs Straßen zu Schaden gekommen, 89 davon wurden schwerverletzt – eine Zunahme von über 25 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Gerade der Schulweg bereitet vielen Eltern Sorge. Der ADAC Hansa ist in einer Studie der Frage nachgegangen, wie es um die Sicherheit von Hamburgs Schülern tatsächlich bestellt ist. Dazu hat er in sieben Bezirken vor 15 Schulen, vor denen Tempo 30 gilt, die tatsächlich gefahrenen Geschwindigkeiten kontrolliert. Innerhalb von zwei Wochen wurden insgesamt 53.668 anonymisierte Messungen vorgenommen.
Die Ergebnisse sind dabei ernüchternd bis erschreckend: Trotz einer eingeräumten Toleranzgrenze von 5 km/h lag die Verstoßquote bei 30,5 Prozent. Das heißt, dass fast ein Drittel der Autofahrer mit mehr als 35 km/h an den Schulen vorbeifuhren. Ohne den Abzug der Toleranz waren mit 53 Prozent sogar über die Hälfte der Verkehrsteilnehmer zu schnell.
Die meisten Verstöße wurden an der Stadtteilschule Richard-Linde-Weg im Bergedorfer Stadtteil Lohbrügge gemessen: Abzüglich der Toleranzgrenze waren 60 Prozent der rund 9.000 verdeckt kontrollierten Verkehrsteilnehmer zu schnell. 16 Prozent der Autofahrer waren dabei schneller als 50 km/h.
Doch 20 km/h mehr bedeuten einen doppelt so langen Anhalteweg. Oder anders ausgedrückt: Während man bei Tempo 30 nach 15 Metern steht, hat man bei Tempo 50 aufgrund der Reaktionszeit noch nicht mal den Fuß auf der Bremse.
„Wer vor Schulen nicht vom Gas geht, handelt mindestens fahrlässig. Dessen sollte sich jeder bewusst sein“ erläutert Ingo Meyer, Vorstandsvorsitzender des ADAC Hansa. Kein fahrlässiges, sondern ein eindeutig kriminelles Verhalten legte ein Raser an den Tag, der an der Stadtteilschule Richard-Linde-Weg mit 110 km/h die Lichtschranke passierte. Kaum langsamer war ein Fahrer vor der Grundschule Bekassinenau, der mit 101 km/h gemessen wurde.
Wesentlich besser waren die Ergebnisse vor den Schulen Marckmannstraße
und Fritz-Köhne-Schule in Rothenburgsort, wo die Verstoßquote mit vier Prozent
am geringsten war. Bauliche Maßnahmen sorgen hier für geringere Geschwindigkeiten.
Doch nicht vor jeder Schule gilt automatisch Tempo 30. Die Grundschule am Heidberg und der Schule Marmstorf sind Beispiele dafür. Während vor der Grundschule am Heidberg nur drei Prozent zu schnell unterwegs waren, lag die Verstoßquote vor der Schule Marmstorf trotz Tempo 50 immer noch bei 30 Prozent.
„Die erfassten Verstöße sind in der Anzahl und auch in der Höhe nicht akzeptabel. Allerdings sind sie nicht der einzige Gradmesser für die Sicherheit der Kinder. Denn vor vielen Schulen ist nicht zuletzt durch die vielen Elterntaxis morgens die Verkehrssituation so unübersichtlich, dass sogar Tempo 30 zu schnell sein kann“, urteilt Meyer. Daher ist auch eine verstärkte Aufklärungsarbeit vonnöten, um die Aufmerksamkeit für das Thema Schulwegesicherheit zu erhöhen.
Auch eine Ausweitung der Kontrollen vor Schulen ist ein probates Mittel, um das Problem in den Griff zu bekommen. Die Autofahrer sollten dabei noch an Ort und Stelle mit ihrem Fehlverhalten konfrontiert werden. Bauliche Maßnahmen sowie der Einsatz von Geschwindigkeits-Displays können ebenfalls helfen, die Verkehrssicherheit vor den Schulen zu erhöhen.