Auch für die Baumfällsaison 2020/21, die am 28. Februar endete, verzeichnet der NABU Hamburg ernüchtert einen erheblichen Baumverlust in Hamburg. Gründe für den Kahlschlag an Straßen, in Parks und Grünanlagen, aber auch auf privaten Grundstücken gibt es viele: Siedlungsentwicklung, Radverkehrsausbau und zunehmend auch Bäume, die den klimatischen Veränderungen nicht gewachsen sind. „Die Bedeutung der Bäume für das Hamburger Stadtklima oder die Artenvielfalt ist politisch unbestritten, die Dringlichkeit für deren Erhalt und sogar die Nachpflanzung wird gern beschworen. Aber: es passiert das Gegenteil. Wir fordern den Senat und die Bezirke auf, endlich mehr für den Erhalt der Hamburger Bäume zu tun. Um die Grünverluste auszugleichen, müssen zudem deutlich mehr junge Bäume nachgepflanzt als alte gefällt werden“, sagt Malte Siegert, Vorsitzender des NABU Landesverbandes Hamburg.
Um wie viele Bäume die Stadt insgesamt tatsächlich ärmer geworden ist, lässt sich noch nicht einmal genau beziffern. Denn es fehlt an einer, vom NABU seit Jahren geforderten, einheitlichen und transparenten Statistik. So wird der Baumbestand in Parks und Grünanlagen vom Senat auf 600.000 Bäume geschätzt. Baumkataster führen dazu jedoch nur drei Bezirke (Nord, Wandsbek, Harburg). Zahlen zu Fällungen in Parks und Grünanlagen werden zum Teil über die Ausschüsse der Bezirksversammlungen öffentlich gemacht, aber es gibt im Gegensatz zu den Straßenbäumen kein öffentliches Kataster, in dem der aktuelle Baumbestand nachvollzogen werden kann. Entsprechend fordert der NABU Hamburg, auch für Bäume in Parks und Grünanlagen ein gesamtstädtisches Kataster zu erstellen, damit die Entwicklung des Hamburger Baumbestands transparent gemacht wird.
Bei den Straßenbäumen gibt es ein öffentliches Kataster schon. Aus diesem lässt sich aber leider ablesen, dass sich der Straßenbaumbestand zwischen 2009 und 2017 um fast vier Prozent – rund 10.000 Bäume – dezimierte. Der NABU Hamburg begrüßt zwar, dass es bei der Anzahl der Straßenbäume seit 2017 wieder eine leichte Tendenz nach oben gibt, allerdings ist der Gesamtbestand vom alten Niveau von 2009 immer noch weit entfernt. Problematisch ist weiterhin, dass Fällungen, zum Beispiel für Bauvorhaben wie Velorouten durch den Landesbetrieb Straßen, Brücken, Gewässer (LSBG), in den bezirklichen Fälllisten nicht erfasst werden. Der NABU fordert eine vollständige Bilanzierung mit adäquater Nachpflanzung.
Der größte Teil des Hamburger Baumbestands steht auf Privatgrund. Geschätzt wird die Anzahl vom Senat auf rund eine Millionen Bäume. Fällgenehmigungen für Privatbäume müssen bei den Bezirksämtern beantragt werden, dabei wird auch der Ersatz festgelegt. Nur vier Bezirke machen zusammenfassende Angaben zu Einzelfällungen auf Privatgrund. „Durch diese Praxis ist es schlicht unmöglich, den Gesamtbestand an Bäumen auf privaten Flächen im Blick zu haben. Zwischen 2015 und 2018 wurden in den Bezirken Mitte, Altona, Nord und Harburg jährlich durchschnittlich 5.000 Fällgenehmigungen erteilt. Die tatsächlichen Baumverluste sind unklar, denn die Nachpflanzungen werden nur stichprobenartig überprüft“, moniert Dr. Katharina Schmidt, Baumschutzexpertin beim NABU Hamburg. Der schleichende und unüberschaubare Grünverlust kann für ganz Hamburg nur grob geschätzt werden. Der NABU Hamburg fordert die Zahlen zu Fällgenehmigungen und Ersatzfestsetzungen bei Privatbäumen ebenfalls für die Öffentlichkeit transparent zu machen.
Quellen: Drucksachen zu Baumfällungen: Straßenbaumbestand 2009-2017: Drs. 19/6000, 21/13771, Tendenz seit 2017: Drs. 22/2555, Daten zu Grünanlagen: Drs. 22/813, Einzelfällungen auf Privatgrund: Drs. 21/16697, Zahlen 2015-2018