Pflegebedürftige Menschen sind vom Coronavirus aktuell doppelt betroffen: Zum einen gehören sie zur gefährdeten Risikogruppe und zum anderen kommen ihre Betreuungskräfte oftmals aus osteuropäischen Staaten, zu denen die Grenzen geschlossen wurden. Viele Menschen fragen sich nun, wie sich diese Grenzschließungen auf das deutsche Pflegesystem auswirken werden. Markus Küffel, Vorstandsmitglied im Verband für Häusliche Betreuung und Pflege und Geschäftsführer der Pflege zu Hause Küffel GmbH, gibt eine Prognose und erklärt, welche Maßnahmen nun notwendig sind, um die Versorgung von Pflegebedürftigen auch weiterhin zu gewährleisten.
„Aufgrund des Pflegemangels kommen viele Betreuungskräfte in Deutschland aus Polen oder anderen osteuropäischen Staaten. Sie arbeiten dabei nicht nur in Krankenhäusern oder Heimen, sondern betreuen zudem viele alte Menschen in der sogenannten 24-Stunden-Pflege im eigenen Zuhause. Dabei leben sie zwei bis drei Monate mit den Pflegebedürftigen unter einem Dach, bevor sie wieder nach Hause reisen und eine andere Pflegekraft ihren Platz einnimmt. Wir sollten uns nun dringend die Frage stellen, was passiert, wenn bis zu 450.000 in der 24-Stunden-Pflege tätige Betreuungskräfte in wenigen Tagen oder Wochen wieder in ihre Heimatländer zurückkehren. Denn wenn aufgrund der Corona-Krise keine neuen Arbeitskräfte mehr einreisen dürfen, wird das Pflegesystem kollabieren. Genügend Heimplätze stehen in Deutschland definitiv nicht zur Verfügung und auch ambulante Pflegedienste werden den gestiegenen Bedarf nicht abdecken können. In enger Zusammenarbeit mit unseren Partnern im Ausland haben wir aktuell einen Passierschein entwickelt, der die osteuropäischen Pflegekräfte als systemrelevant ausweist. Noch dürfen sie damit aufgrund ihrer Arbeit im Gesundheitssektor die Grenzen überqueren. Um die Versorgung der Alten und Schwachen weiterhin sicherzustellen, ist jetzt die Politik gefragt. Sie muss nun dafür sorgen, dass Grenzen für Pflegekräfte weiterhin durchlässig bleiben – sonst droht uns der Zusammenbruch des gesamten Pflegesystems. Wir erleben in den letzten Tagen einen rasanten Anstieg an Neukunden-Anfragen, die wir derzeit noch gut bedienen können. Allerdings benötigen wir zum Wohl von Pflegebedürftigen und Betreuungskräften jetzt schnelle, unbürokratische und zielgerichtete Lösungen, um in den kommenden Wochen und Monate einen Kollaps zu verhindern.“ Foto: Michael B. Rehders
Weitere Informationen unter www.pflegezuhause.info