Das neuartige Coronavirus SARS-CoV-2 ist hochinfektiös und hat sich in kurzer Zeit weltweit verbreitet. Auch in Deutschland gibt es mittlerweile zahlreiche Fälle. Die Erkrankung COVID-19 verläuft in den meisten Fällen als grippaler Infekt und ist von einem Schnupfen oder einer echten Grippe (Influenza) klinisch nicht zu unterscheiden. Deshalb sind präventive Maßnahmen zu ergreifen.
Der Senat hat der Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz mit Senatsbeschluss im Verfügungswege am 11. März 2020 die Zuständigkeit für den Erlass von Allgemeinverfügungen gemäß § 28 Absatz 1 des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz – IfSG) zur Verhinderung der Verbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 und COVID-19 nach § 42 Satz 4 Bezirksverwaltungsgesetz in Verbindung mit § 1 Absatz 4 des Gesetzes über Verwaltungsbehörden übertragen.
In Erweiterung der Anordnungen der Allgemeinverfügung vom 15.03.2020 (Amtlicher Anzeiger 2020, S. 333) und vom 16.03.2020 (Amtlicher Anzeiger 2020, S. 336a) trifft die Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz im Einvernehmen mit der Behörde für Inneres und Sport und mit der Senatskanzlei für das gesamte Gebiet der Freien und Hansestadt Hamburg folgende
Allgemeinverfügung
- Ansammlungen von mehr als 6 Personen an öffentlichen Orten sind untersagt, soweit nachstehend nichts anderes geregelt ist.
- Ansammlungen im Sinne von Ziffer 1 sind zulässig:
- a) für die Berufsausübung im Sinne des Art. 12 Absatz 1 Grundgesetz, soweit diese nicht gesondert eingeschränkt ist,
- b) für die Wahrnehmung der Aufgaben oder des Dienstes als Mitglied der Bürgerschaft, als Mitglied des Senats, als Mitglied des Verfassungsgerichts, als Mitglied eines Verfassungsorgans des Bundes oder anderer Länder, als Beamter oder Richter, für die Wahrnehmung von anderen Aufgaben im Öffentlichen Dienst, für die Wahrnehmung von Aufgaben im diplomatischen oder konsularischen Corps oder für die Wahrnehmung von Aufgaben als Organ der Rechtspflege,
- c) für die Wahrnehmung von Aufgaben von Krankenhäusern, medizinischen und pflegerischen Einrichtungen, ärztlichen Praxen, Praxen der Physiotherapie oder der Anschlussheilbehandlung, anderen Einrichtungen des Gesundheitswesens sowie Apotheken und Sanitätshäusern,
- d) in Gerichten und Behörden oder bei anderen Hoheitsträgern sowie in anderen Stellen oder Einrichtungen, die öffentlich-rechtliche Aufgaben wahrnehmen, soweit diese nicht gesondert eingeschränkt sind oder diese nicht für den Zutritt durch Nichtbedienstete gesperrt sind,
- e) für die sonstige Mitwirkung bei der Bewältigung der aktuellen Infektionslage entsprechend der Mitwirkung beim Katastrophenschutz im Sinne von § 3 des Hamburgischen Katastrophenschutzgesetzes,
- f) für die Berichterstattung durch Vertreter von Presse, Rundfunk, Film und anderer Medien.
- Ansammlungen im Sinne von Ziffer 1 sind zulässig, wenn diese im Zusammenhang mit der Versorgung mit Lebensmitteln, Gütern und Dienstleistungen des täglichen Bedarfs in den folgenden Betrieben und Einrichtungen stehen:
- a) Einzelhandel für Lebensmittel,
b) Wochenmärkte,
c) Abhol- und Lieferdienste,
d) Getränkemärkte,
e) Apotheken,
f) Sanitätshäuser,
g) Drogerien,
h) Tankstellen,
i) Banken und Sparkassen,
j) Poststellen,
k) Frisöre,
l) Reinigungen,
m) Waschsalons,
n) Zeitungsverkauf,
o) Bau-, Gartenbaubedarfsmärkte,
p) Tierbedarfsmärkte sowie
q) der Großhandel.
Wenn die räumlichen Bedingungen und die Art des Betriebs oder der Dienstleistung es zulassen, müssen die hierbei anwesenden Personen einen Mindestabstand von 1,5 Metern zueinander einhalten. Dies gilt nicht für Personen, die in der gleichen Wohnung (Art. 13 GG) leben.
- Ansammlungen im Sinne von Ziffer 1 sind zulässig, wenn diese im Zusammenhang mit der Versorgung von anderen, hilfebedürftigen Personen mit Lebensmitteln, Gütern und Dienstleistungen des täglichen Bedarfs im Sinne der Nummer 3 stehen, soweit diese nicht gesondert eingeschränkt ist.
- Ansammlungen im Sinne von Ziffer 1 sind zulässig, wenn diese im Zusammenhang mit der Betreuung von hilfebedürftigen Personen stehen, wenn diese nicht anders möglich ist und soweit diese nicht gesondert eingeschränkt ist.
- Ansammlungen im Sinne von Ziffer 1 sind zulässig, wenn diese im Zusammenhang mit dem Besuch, der Begleitung und Abholung von Kindern in Schulen, Kindertagesstätten oder andere Betreuungseinrichtungen stehen, soweit der Besuch dieser Einrichtungen nicht gesondert eingeschränkt ist.
- Ansammlungen an öffentlichen Orten von mehr als 6 Personen, die in einer engen familiären Beziehung oder familiären Lebensgemeinschaft zueinander stehen, sind zulässig.
- Ansammlungen im Sinne von Ziffer 1 sind für die Teilnahme an Bestattungen und Trauerfeiern Orten im engen familiären Kreis zulässig, soweit diese nicht gesondert eingeschränkt sind.
- Der Betrieb von Gaststätten im Sinne des Gaststättengesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 20. November 1998 (BGBl. I S. 3418), zuletzt geändert durch Artikel 14 des Gesetzes vom 10. März 2017 (BGBl. I S. 420), wird untersagt.
Das gilt auch für Speiselokale und Betriebe, in denen Speisen zum Verzehr an Ort und Stelle abgegeben werden, Personalrestaurants, Kantinen sowie Speiselokale im Beherbergungsgewerbe (wie beispielsweise Hotelrestaurants).
Ausgenommen von der Untersagung bleibt die Auslieferung von Speisen und Getränken sowie deren Abverkauf zum Mitnehmen.
- Soweit die Allgemeinverfügungen vom 15. März 2020 und vom 16. März 2020 von den vorstehenden Anordnungen abweichende Regelungen enthalten, gehen die vorstehenden Anordnungen den Allgemeinverfügungen vom 15. März 2020 und vom 16. März 2020 vor.
- Diese Anordnungen sind gemäß § 28 Absatz 3 i.V. m. § 16 Absatz 8 IfSG sofort vollziehbar.
- Diese Allgemeinverfügung wird gemäß § 41 Abs. 4 Satz 2 Hamburgisches Verwaltungsverfahrensgesetz durch Zugänglichmachung im Internet öffentlich bekannt gegeben. Es wird bestimmt, dass sie mit der Zugänglichmachung im Internet als bekanntgegeben gilt (§ 41 Abs. 4 Satz 7 Hamburgisches Verwaltungsverfahrensgesetz) und zu diesem Zeitpunkt in Kraft tritt.
- Diese Allgemeinverfügung gilt zunächst bis einschließlich 16. April 2020.
- Auf die Strafbarkeit einer Zuwiderhandlung gegen die vorstehenden Anordnungen gemäß § 75 Absatz 1 Nummer 1, Absatz 3 IfSG wird hingewiesen.
Rechtsbehelfsbelehrung
Gegen diese Allgemeinverfügung kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch erhoben werden. Der Widerspruch ist bei der Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz – Amt für Gesundheit – einzulegen. Widerspruch und Anfechtungsklage haben gemäß § 28 Absatz 3 in Verbindung mit § 16 Absatz 8 IfSG keine aufschiebende Wirkung.
Begründung
Zweck des Infektionsschutzgesetzes ist es, übertragbaren Krankheiten beim Menschen vorzubeugen, Infektionen frühzeitig zu erkennen und ihre Weiterverbreitung zu verhindern. Gemäß § 28 Absatz 1 Satz 2 IfSG kann die zuständige Behörde Veranstaltungen oder sonstige Ansammlungen einer größeren Anzahl von Menschen beschränken oder verbieten, die eine Verbreitung von Krankheitserregern begünstigen.
Durch den vorherrschenden Übertragungsweg von SARS-CoV-2 (Tröpfchen) z.B. durch Husten, Niesen oder teils mild erkrankte oder auch asymptomatisch infizierte Personen kann es bei Ansammlungen von Gästen in Gaststätten sowie an anderen öffentlichen und nichtöffentlichen Orten zu einer Vielzahl von Übertragungen kommen. Die nunmehr weitergehenden Beschränkungen sind angesichts der Entwicklung der Epidemie erforderlich, um die Ausweitung zu verzögern, damit das Gesundheitswesen zu entlasten und somit die erforderlichen Kapazitäten für die Behandlung der Erkrankten, aber auch sonstiger Krankheitsfälle bereit zu halten. Die vorgesehenen Ausnahmen dienen der freien Berufsausübung, der Funktionsfähigkeit des Staates und seiner Einrichtungen, der Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems, der freien Berichterstattung der Medien sowie dem Schutz der Familie. Die Lieferung und der Abverkauf von Speisen und Getränken bleiben ausgenommen, weil sie nicht zu Ansammlungen von Personen führen.
Die Beschränkungen sind geboten und verbunden mit den Ausnahmeregelungen auch verhältnismäßig. Nach der aktuellen Erkenntnislage muss davon ausgegangen werden, dass keine Schutzmaßnahmen getroffen werden können, die gleich effektiv, aber weniger eingriffsintensiv sind.
Hamburg, den 20. März 2020
Die Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz