Der 13. Hamburger Stadtteilkulturpreis wurde am 24. Mai in einer festlichen Veranstaltung vor rund 300 Gästen in der HafenCity Universität an das Projekt Welcome Music Session der Zinnschmelze verliehen. Der Preis ist mit 10.000 Euro dotiert.
Unter den Gästen im Holcim Auditorium der HafenCity Universität waren neben Vertretern der Stadtteilkultur und der nominierten Projekte zahlreiche hochrangige Vertreter aus Politik, Verwaltung, Gesellschaft und Kultur, die von der Moderatorin Catarina Felixmüller durch die Veranstaltung geführt wurden. Im Mittelpunkt des stimmungsvollen Festakts stand das Gewinnerprojekt.
Ein Kurzfilm des Filmemachers Jacob Hohf stellte das Gewinnerprojekt des Stadtteilkulturpreises vor, dessen Initiatoren den Preis aus den Händen von Kulturstaatsrat Dr. Carsten Brosda erhielten. Die Laudatio für das Gewinnerprojekt hielt Annette Stiekele, Journalistin vom Hamburger Abendblatt. Zusammen mit Prof. Dr. Gesa Birnkraut von Birnkraut und Partner und Robert Hillmanns aus dem zakk Düsseldorf hatten sie die beiden Preisträger aus einer Vorauswahl der Preisstifter ermittelt.
Preisstifter und Unterstützer des Preises sind die Hamburgische Kulturstiftung, die Gabriele Fink Stiftung, die Patriotische Gesellschaft von 1765 und die Kulturbehörde Hamburg. Die Alfred Toepfer Stiftung F.V.S. unterstützt die Umsetzung. STADTKULTUR HAMBURG, der Dachverband für lokale Kultur und Kulturelle Bildung, ist als Experte und Szenekenner für Konzeption und Durchführung des Wettbewerbs zuständig.
Das Gewinnerprojekt Welcome Music Session
Einmal im Monat lädt die Zinnschmelze alte und neue Bewohner des Stadtteils, Amateur- und Profimusiker aus der Stadt und Flüchtlingsunterkünften zu einer offenen Musiksession ins Stadtteilkulturzentrum in Barmbek ein. Das Zentrum schafft einen Ort der Begegnung und des interkulturellen Austauschs durch Musik: Gemeinsam Musizieren, Tanzen, Singen schafft den öffentlichen Raum, in dem Kultur gelebt wird und neu entsteht. Das Projekt wird in Kooperation mit der Hochschule für Musik und Theater Hamburg und Welcome to Hamburg Barmbek realisiert.
Die Jury beurteilt das Projekt Welcome Music Session als besonders preiswürdig, da es die Begegnungen zwischen Menschen über die Musik in den Mittelpunkt stellt. Mit den Mitteln der Kultur greift die Welcome Music Session eine aktuelle gesellschaftliche Herausforderung auf und weist damit einen zentralen gesellschaftlichen und politischen Bezug auf. Dabei wird – ganz in soziokultureller „Tradition“ – ein Treffpunkt geschaffen, der Menschen unterschiedlichster Milieus verbindet: Geflüchtete mit Menschen ohne Fluchterfahrung, Neuankömmlinge mit Alteingesessenen und Profis mit Laien. Vielfältige musikalische Traditionen und Instrumente bereichern sich gegenseitig. Offene Proben bieten die Möglichkeit, dass sich neue, individuelle Formationen über alle Genres und Kulturen hinweg zusammenfinden. Auch Mitwirkende ohne musikalische Kenntnisse finden zahlreiche Möglichkeiten der Beteiligung und Erfahrung. Lernen findet hier auf sehr vielen verschiedenen Ebenen statt. Das Projekt lebt von dem Zusammenwirken verschiedenster Akteure und stärkt regionale Netzwerke. Dabei ist ehrenamtliches Engagement unabdingbarer Bestandteil des Projekts. Mit der Auszeichnung der Welcome Music Session möchte die Jury die Fortführung und Weiterentwicklung dieses herausragenden Projektes ermöglichen.
Kulturstaatsrat Dr. Carsten Brosda unterstrich in seinem Glückwunsch die Bedeutung stadtteilkultureller Initiativen und Einrichtungen für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Lebensqualität in den Stadtteilen. „Sowohl Stadtteilkulturzentren als auch Geschichtswerkstätten zeichnen sich durch ihre sehr enge Verankerung in den Stadtteil aus und laden Menschen aus ganz unterschiedlichen Lebensverhältnissen zur Mitarbeit ein. Das macht sie unverwechselbar und auch unverzichtbar für eine lebendige Stadtkultur.“
Für die Zinnschmelze ist die Auszeichnung eine tolle Bestätigung für das, was wir tagtäglich tun. Bei der Welcome Music Session zeigen sich ein paar grundsätzliche Prinzipien unserer Programmarbeit besonders gut: Die Öffnung unserer Räume für neue Ideen im Bereich Musik und Tanz, die Möglichkeit für viele Menschen, selbst aktiv zu sein und das öffentliche Kulturleben im Stadtteil zu gestalten und nicht zuletzt die interkulturelle Vielfalt, für die die Zinnschmelze seit Jahren steht“, so Sonja Engler, Geschäftsführerin der Zinnschmelze
Wolf Kerschek von der Hochschule für Musik und Theater beschreibt seine konkreten Erfahrungen mit der Welcome Music Session so: „Es gibt wenig auf dieser Welt, was uns Menschen so einfach und doch so tief emotional verbindet wie die Musik. Durch Musik können wir unsere Seelen austauschen und den Menschen gegenüber ‚verstehen‘ – auch wenn wir seine Sprache nicht sprechen – und ihn in unser Herz schließen. Für die Geflüchteten waren die Lieder zunächst ein Stück Heimat und es machte sie glücklich zu erleben, wie groß das Interesse der Deutschen an ihrer Musik und auch an ihnen als Menschen ist. Für die Studenten (und auch die deutschen Zuhörer) war es die Auseinandersetzung mit einer ihnen bisher fremden (Musik-)kultur und Lebensfreude, die uns alle bereichert hat.“
Das Auswahlverfahren
Von Anfang Dezember bis Anfang Februar konnten sich kulturelle Initiativen, Zentren und Vereine sowie Einzelpersonen, die sich in der Stadtteilkulturarbeit in Hamburg engagieren, für den Preis bewerben. Neben Kulturprojekten konnten Kurs- und Veranstaltungsprogramme, Programmbereiche, Veranstaltungsreihen, spezielle Veranstaltungsformate und Festivals, die in besonderer Weise den Qualitätskriterien des Stadtteilkulturpreises entsprechen, eingereicht werden. Über 50 Träger haben sich mit ihren Projekten und Programmen beworben. In der Vorauswahl für die Jury nominierten die Preisstifter und Unterstützer neben dem jetzt ausgezeichneten Projekt Welcome Music Session weitere neun herausragende Projekte der Stadtteilkultur (in alphabetischer Reihenfolge): das inklusive Veranstaltungsprogramm All Inclusive des Goldbekhauses, das Modellierprojekt Bauen mit Lehm für Groß und Klein von Bunte Kuh, die ehrenamtliche Schreibinitiative Fantastische Teens von pauw literaturmanagement, das Interview- und Ausstellungsprojekt Gentrifidingsbums – Sichtweisen der Veränderung der Geschichtswerkstatt Wilhelmsburg & Hafen, der Nachwuchsfilmpreis Die Goldene Wandse des Bramfelder Kulturladen, der inszenierte Stadtteilrundgang Horn to go vom Theater das Zimmer, das Theaterprojekt für Kinder und Senioren mit Demenz Lebenslust für Jung und Alt des Bürgertreff Altona-Nord, das Mo&Friese KinderKurzFilmFestival 2015 der KurzFilmAgentur Hamburg und das dezentrale Veranstaltungsprogramm Wir Welt Weit – Kulturrevier im Süden von Barmbek des Kulturpunkt im Barmbek Basch.