E-Scooter – die Daten fahren mit

Ein elementarer Bestandteil der Privatsphäre besteht darin, sich im öffentlichen Raum fortbewegen zu können, ohne dabei verfolgt zu werden. Wer auf die neuen Angebote von E-Scootern zurückgreift, verliert jedoch diesen Schutz. Diese neue Form urbaner Mobilität wird von vielen Anbietern nur unter einem erheblichen Eingriff in die Privatsphäre von Nutzern zur Verfügung gestellt. Jeder zurückgelegte Meter wird aufgezeichnet und kann zu Bewegungsprofilen zusammengefügt werden. Dabei dürfte bei vielen Betroffenen nur eine unzureichende Kenntnis darüber bestehen, welche Daten zu welchen Zwecken von den jeweiligen Anbietern erhoben, zusammengeführt und genutzt werden. Das liegt einerseits an defizitären Datenschutzhinweisen der Anbieter, die dem Nutzer kein ausreichendes Verständnis über die tatsächliche Datenverarbeitung ermöglichen. Zum anderen dürfte es aber auch darin begründet sein, dass viele Nutzer die Risiken im Bereich der Profilbildung und Weitergabe ihrer Daten ausblenden. Doch das Vermietungsgeschäft umfasst eben auch das Geschäft mit den Daten der Kunden. Der Preis, der hier zu zahlen ist – das sollte allen Nutzern bewusst sein – ist der Verlust der Anonymität, mit der sie sich durch den öffentlichen Raum bewegen. Eine Erforderlichkeit für diese Verfolgung ist nicht erkennbar. Anbieter von vergleichbaren Car-Sharing-Modellen verzichten daher zumeist auf ein solches Tracking.

Erhoben werden für gewöhnlich Kontaktdaten, Kontodaten, Daten über die Nutzung des Internetangebots, ggfs. Daten von verlinkten Drittanbieterdiensten, Daten, die von den Anbietern durch Marketing- und Werbepartnern über den Kunden bereitgestellt werden, sowie eben auch die Standortdaten, die neben Ausleih- und Abstellort des E-Scooters auch den gesamten Fahrverlauf umfassen.

Diese Daten werden von den Anbietern zu den unterschiedlichen Zwecken genutzt und können insbesondere an andere Dienstleister und Partner, aber auch an öffentliche Stellen weitergegeben werden.

Bewegungs- und Standortdaten der Nutzer sind für die Verleiher selbst, für Geschäftspartner, Werbetreibende sowie für lokale Anbieter von Waren und Dienstleistungen wirtschaftlich extrem interessant. Sie sind Treibstoff für digital getriebene Geschäftsprozesse. So kann anhand von Mobilitätsprofilen das Kunden- und Kaufverhalten analysiert werden. E-Scooter werden direkt am Zielort abgestellt – also etwa dem Wohnort, einem Geschäft oder einer Freizeiteinrichtung. Aus diesen Informationen lassen sich direkte Schlüsse auf individuelle Vorlieben und Tagesabläufe ziehen und sie können für werbewirksame Push- und Pull-Strategien eingesetzt werden. Auch öffentliche Stellen haben Interesse an Bewegungsdaten z.B. zur Verkehrsplanung oder sogar für die Aufklärung und Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten oder Straftaten.

Dazu Johannes Caspar, Hamburgischer Beauftragter für Datenschutz und Informationsfreiheit: „Besondere Vorsicht ist geboten, wenn E-Scooter-Verleiher die Weitergabe von Nutzerdaten an nicht näher eingegrenzte dritte Stellen, ohne klare Zweckbestimmung und nur überaus vage in ihren Datenschutzbestimmungen beschreiben. Insbesondere wenn Daten erhoben werden, ohne dass dies zur Durchführung des Vertrages erforderlich ist, sollten Nutzer die Datenschutzbestimmungen der Anbieter kritisch durchsehen. Es gilt abzuwägen, ob es sich für das Angebot lohnt, die eigenen Daten einzusetzen, auch wenn gerade die Verarbeitung von Mobilitätsdaten zur Erbringung der vertraglichen Leistungen gar nicht erforderlich ist. Bei Verdacht auf Datenschutzverletzungen kann eine Beschwerde bei der örtlichen oder der für den Anbieter zuständigen Datenschutzbehörde eingelegt werden.“